Sensen und die Permakultur
Was ist denn überhaupt Permakultur? Die Abkürzung für permanente Bodenkultur ist eine Zusammenfassung von verschiedenen Elementen, die eine dauerhafte nachhaltige Lebensweise begründen.
So kann man die Permakultur-Elemente nicht nur auf die Landwirtschaft, sondern auch auf Technologien, Gebäude, Umgebung, Finanzen, Gesundheit, Bildung etc übertragen.
Was heißt Nachhaltigkeit? Ein System hat während seiner Lebensspanne genügend Energie erzeugt, um sich zu erhalten und zu reproduzieren.
In der Permakultur gibt es verschiedene Gestaltungsprinzipien, die auf alle Lebensbereiche angewendet werden können.
So habe ich in der folgenden Übersicht zuerst einmal die Permakultur-Gestaltungsprinzipien mit Sprüchen und Symbolen erklärt. Ich kann mir mit solchen Gedankenstützen einer steten Wiederholung von Redewendungen in Kombination mit einem Bild diese Elemente besser merken.
Und nun möchte ich die Verbindung schaffen von der Sense mit der Permakultur.
BEOBACHTE UND HANDLE:
Beobachte deine Wiese, das Wetter und finde den besten Zeitpunkt für den Mähbeginn. Wo sind Blüten bereits in Samen übergegangen, so sind sie noch Nahrung für die Insekten? Wo kann ich selbst essbare Wildpflanzen ernten?
Wo beginne ich zu mähen? Über die verschiedenen Startpunkte des Mähens und die an die Wiese angepassten Mährichtungen schreibe ich in einem anderen Blogbeitrag.
GEWINNE UND SPEICHERE ENERGIE:
Das Mähgut gewinnt man natürlich nicht nur mit der Sense. Doch ist die Qualität eine ganz andere, da es frei von Ölgeruch und Plastikabrieb ist. Dank des glatten Schnittes gärt es weniger schnell und wird als Futter besser von Tieren vertragen.
Zu Heu getrocknet (am besten auf Hoinzn) ist das Mähgut mittels der Heuballenpresse ein kompakter, gut zu tragender Würfel für verschiedene Einsätze: als Hochbeet, als Umrandung, als gespeicherte Futter-Energie.
Ebenso kann man die eigene Muskelkraft als gespeicherte Energie bezeichnen, die sich durch Training stetig aufbaut.
FAHRE ERNTE EIN
Die Sense hat eine über 4.000-jährige Geschichte als Erntewerkzeug. Wieviele Tools können das von sich schon behaupten?
Das Verarbeiten vom Mähgut entspricht allein schon diesem Element.
Doch auch übertragen auf den Unterricht kann die Wissensvermittlung die Saat sein und die Sensenbegeisterung bei den Teilnehmern das Ernten.
BESCHRÄNKE DICH UND AKZEPTIERE FEEDBACK
Als Mäher beschränkt bzw. konzentriert man sich auf die vor ihm liegende Fläche, die Halme rechts bleiben erst mal stehen, Geduld, sie sind in dem nächsten Mahd-Streifen dran. So vermeidet man aus der Spur zu kommen und erreicht einen gleichmäßigen Schnitt.
Sensenmähen ist Kommunikation mit der Wiese, so wie das Dengeln die Kommunikation mit dem Sensenblatt ist. Wie stehen die Grasbüschel, wo sind Ameisenhaufen, wo sind Steine, ist es ein Steilhang, wie ist die beste Mährichtung, wie viel Platz habe ich für den Mähschwung?
Ich passe mich als Mäher an die Gegebenheiten an und mache das Beste daraus. Wieder ein Beispiel für eine Lebenseinstellung.
NUTZE ERNEUERBARE ENERGIEN
Neben Wind, Sonne, Wasser zählt doch auch die menschliche Muskelkraft zu den erneuerbaren Energien, oder? Das Braune soll einen muskulösen Oberarm in Kraftpose darstellen…
VERMEIDE ABFALL; KREISLÄUFE BILDEN
Sensen bestehen aus dem Holzworb und dem Sensenblatt – plastikfrei; die Blätter halten in die nächsten Generationen, sofern sie gut gewetzt und gedengelt wurden, gepflegt in der Aufbewahrung wurden und achtsames, steinfreies Mähen erlebt haben. Das Sensenblatt sollte zum Mähgut passen (Brennnesseln lassen sich gut mit dem Staudenblatt mähen). Der Holzworb wurde nicht im nassen Gras liegen gelassen und das Blatt nach der Benutzung vom Grassaft gesäubert:
So wurde dann alles für eine generationenübergreifenden Nutzung getan.
Kreisläufe bildet das Mähen mit der Sense: das Mähgut kann als Futter, als Heu, für Kompost, für Bokashi oder zum Ballen gepresst als Sitzgelegenheit verwendet werden.
PLANE ZUERST DAS GANZE, DANN DAS DETAIL
Falls man es nicht erkennt: es soll eine Lupe darstellen, umrandet vom Ganzen
Vor dem Mähen auf der Wiese steht man vor der Entscheidung: wo beginne ich zu mähen?
Es gilt, verschiedene Faktoren abzufragen: es ist ein Steilhang, ist das Gras frisch oder vom vergangenen Jahr, sind Brennnesseln oder Schösslinge auf der Wiese, was ist mein Ziel?
Möchte ich sensenblattschonend, insektenschonend, tierschonend, effektiv und schnell, sicher mähen?
Hierzu gibt es den Blogartikel über die verschiedenen Mährichtungen.
Wie liegt das Gras, welches Gras liegt vor mir?
Dann treffe ich die Auswahl für das entsprechende Sensenblatt und lege meinen Startpunkt fest.
INTEGRIEREN STATT SEGREGIEREN
Sense trennt zwar das Mähgut von der Wiese mit einem glatten Schnitt – doch von wegen segregieren! Die Sense verbindet den Mäher mit der Wiese und die Sense verbindet im Arbeitsablauf.
Sensenmähen ist ein tolles Gemeinschaftsprojekt: Generationen-erlebend, teambildend, gemeinsam etwas erschaffen oder erfüllen, mähditativ, rhythmusverbindend – für jeden gibt es Aufgaben:
die einen sensen, die anderen rechen zusammen oder stapeln das Gras in einen Anhänger, wieder andere breiten das Mähgut zum Trocknen aus und die Kleinsten versorgen die Schaffenden mit Wasser….
Jeder trägt seinen persönlichen Puzzlestein zum Gesamtwerk bei.
FINDE KLEINE LANGSAME LÖSUNGEN
Gerade beim Wetzen stimmt dieser Grundsatz. Denn lieber langsam, korrekt Wetzen als schnell und abwürgend und nur das obere Drittel des Wetzsteins verwenden.
Lieber kleine „Henne-Teppele“ – Hennenschrittchen machen und gleichmäßig vorwärtskommen als mit großen Schritten die Hälfte stehen lassen.
Lieber nur einen Teil der Wiese mähen und den Insekten noch Futterquellen lassen als alles auf einmal niedermähen. Möchte ich bienenschonend mähen?
Lieber in Zeitlupe die korrekte Mähbewegung verinnerlichen als mühsam den drückenden Schnitt in einen ziehenden Schnitt verwandeln.
NUTZE UND SCHÄTZE DIE VIELFALT
Es geht heute beim Einsatz der Sense nicht mehr um die frühere Aufgabe als Erntewerkzeug von Getreide. Das übernehmen nun Maschinen. Heute kann die Sense ein come-back erleben durch den Einsatz in Kleingärten bis hin zu Streuobstwiesen.
Roden, das urbarmachen von Gelände oder das Mähen von Steilhängen bis Uferböschungen oder Waldränder gehören dazu. Selbst meinen Parkplatz mit den Rasensteinen habe ich mit der Sense gemäht.
Mit einer bestimmten Technik kann man meterweit überhängendes Klettenlabkraut herunterholen oder bodentief abschneiden.
Man kann auch verfilzte, jahrelang ungeschnittene Wiesen, mehrlagige Gräserschichten mit dem Werkzeug Sense und den entsprechenden Techniken bearbeiten.
In meinen Kursen nutze ich die Vielfalt der Sinne, um die Sachverhalte zu vermitteln: In Wort und Bild, im Achten auf Geräusche oder im Fühlen einer scharfen Schneide (ohne sich zu verletzen).
Unabhängig vom Sonnenschein kann man auch bei Nieselwetter seine Wiese mähen. Nur bei Starkregen tritt man eher seine Wiese kaputt und sollte Mähen vermeiden.
Und mancher verwendet sein Sensenblatt, um Schinken zu schneiden …
NUTZE DIE RANDZONEN UND SCHÄTZE DAS MARGINALE
Je geschwungener ein Weg ist, desto mehr Anbaufläche gibt es diesen Weg entlang im Vergleich zu einem geraden Strich. Man hat mehr Randzonen.
Randzonen sind auch Gebiete am Rande, so im hintersten Eck. Was auch so nebensächlich erscheint: dort gibt es Steinhaufen – Eidechsen-Sonnenbänke, Totholz-Käferhotels, Dornenhecken-Vogelnistplätze und vieles mehr zu erleben.
Wie geht es mit der Sense bei den Randzonen? Super, denn gerade am Rand entlang, an Mauern oder Wegbefestigungen entlang, hat die Sense ihren Bravour-Einsatz. Ohne mühsames Nachschneiden kann man gleich beim Mähen bis zur Umrandung sensen.
Gerade weil die Sense pflegeleicht ist und dank leicht zu lernendem Dengeln schnell wieder einsatzbereit ist: gerade deshalb hat sie ihren Platz neben all den anderen Mähgeräten verdient. Sie erlebt ihre Renaissance mit neuen Aufgabengebieten.
REAGIERE AUF VERÄNDERUNG MIT KREATIVITÄT
Nicht immer ist ein Kreis kreisrund. Er bekommt Zacken, Wellen oder nur Dellen….
Nicht immer klappt es mit dem Einsatz der Sense. Entweder hat auch sie Dellen bekommen oder der Weg ist zu eng oder Randzone ist schwer erreichbar ….
Dann heißt es: warten oder reparieren oder umdenken….
So kann es für die Wiese gut sein, wenn eine Zwangspause dank defektem Blatt eingelegt werden muss (Tipp: ein Ersatzblatt bereit halten).
So kann man die Sense dengeln oder zum Dengelservice bringen.
So kann man die Sichel nehmen. Allerdings ist sie eher fürs Kräuterernten mit dem drückenden Schnitt….
Und wenn mal der gewohnte Rasenmäher ausfällt: nimm die Sense!!
Vielleicht hast du weitere Ideen für die permakulturelle Sichtweise auf das Sensenmähen? Dann freu ich mich über dein Feedback!
Habe ich dir vielleicht Lust gemacht auf das Sensenmähen von Waiblingen bis hin zu deiner Wiese? Melde dich gerne an via Email ich antworte in jedem Fall.